Internationaler Tag der Pressefreiheit

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Internationaler Tag der Pressefreiheit

Die Presse nimmt in der Gewaltenteilung moderner Gesellschaften eine so bedeutende Rolle ein, dass sie oft als «Vierte Gewalt» bezeichnet wird. Ohne unabhängige Berichterstattung – und damit ohne die Kontrollfunktion der Presse – würden politische Prozesse keiner kritischen Beleuchtung unterliegen.

In ihrer Tätigkeit kommen Journalisten häufig mit Whistleblowern und Quellen in Kontakt, deren Informationen so brisant sind, dass ihre Identität mit höchster Vertraulichkeit behandelt werden muss oder sie von vornherein anonym bleiben müssen. In solchen Situationen kommt auch oft Threema zum Einsatz, weil die Kommunikation Ende-zu-Ende-verschlüsselt ist und die Gesprächspartner (sowohl gegenüber einander wie auch gegenüber dem Dienstanbieter) anonym bleiben können.

Die aktuellen Bestrebungen verschiedener Regierungen, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für alle aufzuweichen und/oder eine Identifizierungspflicht einzuführen, richtet sich somit nicht zuletzt auch gegen die Pressefreiheit. Gemeinsam mit anderen privatsphärefreundlichen Internet-Diensten, darunter Tutanota und Session, appellieren wir in folgendem offenen Brief an demokratische Regierungen, vertrauliche Kommunikation nicht zu verunmöglichen und ihren Bürgern das Recht auf Privatsphäre weiterhin zuzugestehen.

Am Welttag der Pressefreiheit haben wir, die Unterzeichnenden – ein globales Netzwerk von über 40 Organisationen – uns zusammengeschlossen, um das Recht auf Privatsphäre zu verteidigen. Wir schreiben diesen offenen Brief, um dringend an die Regierungen zu appellieren, sich öffentlich zum Schutz der Verschlüsselung und zur Gewährleistung eines freien und offenen Internets zu bekennen.

Verschlüsselung ist ein entscheidendes Instrument für die Privatsphäre der Nutzer, die Datensicherheit, die Sicherheit im Internet, die Pressefreiheit, die Selbstbestimmung und die freie Meinungsäusserung. Ohne Verschlüsselung können die Daten und die Kommunikation der Nutzer von Strafverfolgungsbehörden und böswilligen Akteuren eingesehen werden. Staatliche Angriffe auf verschlüsselte Dienste bedrohen die Privatsphäre und bringen die Nutzer in Gefahr. Dies mag wie ein entferntes Problem erscheinen, mit dem vor allem autoritäre Länder konfrontiert sind, aber die Bedrohung ist in demokratischen Ländern ebenso real.

Viele in der EU, den USA, dem Vereinigten Königreich, Kanada und Australien würden verschlüsselte Dienste gerne dazu zwingen, ihre Verschlüsselung durch Hintertüren aufzubrechen, oder den Zugang zu verschlüsselten Tools und Diensten wie Tor, Signal oder Tutanota zu blockieren. Verschlüsselte Dienste stehen an vorderster Front im Kampf um die Online-Privatsphäre, die Pressefreiheit, die Meinungsfreiheit und die freie Meinungsäusserung. Viele Journalisten, Whistleblower und Aktivisten sind auf sichere, verschlüsselte Lösungen angewiesen, um ihre Daten und ihre Identität zu schützen. Der Zugang zu diesen Tools kann für diejenigen, die darauf angewiesen sind, buchstäblich über Leben und Tod entscheiden.

Heute, am Welttag der Pressefreiheit, appellieren wir an die demokratischen Regierungen, nicht dem Weg autoritärer Regierungen wie Russland und Iran zu folgen, die den Zugang zu verschlüsselten Diensten für ihre Bürgerinnen und Bürger aktiv einschränken. Schützen Sie die Verschlüsselung und halten Sie das Menschenrecht auf Privatsphäre aufrecht. Dies ist der Schlüssel zur Gewährleistung der Sicherheit im Internet, der freien und sicheren Identitätsentwicklung, der Selbstbestimmung, der freien Meinungsäusserung, der Pressefreiheit und anderer Rechte, die den Kern der Demokratie bilden.

Angriffe auf Verschlüsselung sind Angriffe auf das Recht auf Privatsphäre

Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung macht es für Messaging-Apps wie WhatsApp und Signal unmöglich, die Nachrichten der Nutzer mit irgendjemandem zu teilen, einschliesslich Strafverfolgungsbehörden, Politikern, Regierungsbeamten und Hackern. Sie hindert auch die Unternehmen selbst daran, Nutzerdaten für Werbung, Marketing und andere gewinnbringende Zwecke zu verwenden. Der Wert dieser Technologie für den Schutz der Privatsphäre kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, aber sie wird auch als Bedrohung für die Strafverfolgungsbehörden gesehen, die argumentieren, dass die Möglichkeit, frei auf die Kommunikation von Personen zuzugreifen, für strafrechtliche Ermittlungen entscheidend ist. Diese Botschaft hat zu besorgniserregenden Initiativen wie dem Online Safety Bill im Vereinigten Königreich, dem Lawful Access to Encrypted Data Act und dem EARN IT Act in den USA, der indischen Richtlinie 20(3)/2022 – CERT-In, dem Bill C26 in Kanada, dem Surveillance Legislation Amendment Act in Australien sowie den vorgeschlagenen Vorschriften zur Verhinderung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern in der EU geführt. Diese Gesetze zielen darauf ab, das Recht auf Privatsphäre im Internet abzuschaffen, indem verschlüsselte Dienste gezwungen werden, die Sicherheit ihrer Nutzer zu schwächen und den Strafverfolgungsbehörden auf Anfrage Zugang zu Nutzerdaten zu gewähren. Sollten diese Gesetze verabschiedet werden, gibt es nur zwei Möglichkeiten:

Die verschlüsselten Dienste schwächen ihr Sicherheitsniveau, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen

ODER

Die Regierungen sperren den Zugang zu nicht konformen verschlüsselten Diensten – und stellen diese Regierungen damit auf eine Stufe mit autokratischen Systemen wie Russland und Iran.

Dienste wie Signal, Tutanota und Threema haben bereits angekündigt, dass sie ihre Verschlüsselung nicht abschwächen werden, um solche Vorgaben zu erfüllen, was Länder wie Grossbritannien wahrscheinlich dazu zwingen wird, stattdessen den Zugang zu diesen Diensten zu sperren. In Indien haben sich bereits viele vertrauenswürdige VPN-Dienste aufgrund der abschreckenden Wirkung der neuen Cybersicherheitsverordnung CERT-In zurückgezogen, die VPN-Anbieter dazu zwingt, Protokolle über ihre Nutzer zu führen und damit ihren Zweck untergräbt und die Nutzer der Überwachung aussetzt, anstatt sie zu umgehen.

Das Verbot von verschlüsselten Diensten ist bei autoritären Regimen nicht überraschend. Wir befürchten, dass demokratische Regierungen wie das Vereinigte Königreich, die USA, die Europäische Union, Indien und Australien in die gleiche Richtung gehen.

Freies und offenes Internet

Jeder hat ein freies und offenes Internet verdient. Das Internet muss inklusiv, frei und fair bleiben, indem es jedem einen ungehinderten Zugang zu Online-Diensten ermöglicht, auch zu verschlüsselten Diensten. Dies ermöglicht es den Nutzern, ihr Recht auf Privatsphäre, ihr Recht auf privaten Diskurs und ihr Recht, die Machthaber zur Rechenschaft zu ziehen, indem sie Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Fehlinformationen und Umweltzerstörung aufdecken – etwas, das für den demokratischen Prozess der öffentlichen Meinungsbildung unerlässlich ist.

Genau aus diesem Grund wird der Zugang zu verschlüsselten Diensten in autoritären Regimen wie Russland und Iran blockiert – ein Präzedenzfall, dem demokratische Länder nicht folgen dürfen.

Der Entzug des Rechts auf Privatsphäre im Internet schränkt die Möglichkeit ein, grundlegende Menschenrechte wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Redefreiheit auszuüben.

Als Organisationen, die an die Macht des Rechts auf Privatsphäre als Grundvoraussetzung für freie Meinungsäusserung und Pressefreiheit glauben, fordern wir alle Regierungen auf:

  • Sicherzustellen, dass die Verschlüsselung nicht durch überzogene Gesetzesinitiativen untergraben wird.
  • Sicherzustellen, dass Technologien, die sichere, verschlüsselte Dienste anbieten, nicht blockiert oder gedrosselt werden.
  • Überprüfen Sie alle Gesetzesentwürfe, Gesetze und Strategien, die eine Untergrabung der Verschlüsselung oder die Blockierung des Zugangs zu Diensten, die verschlüsselte Kommunikation anbieten, legitimieren, insbesondere den Surveillance Legislation Amendment Act in Australien, den EARN IT Act in den USA, das Online Safety Bill in Grossbritannien, Bill C26 in Kanada, Indiens Directions 20(3)/2022 – CERT-In und die vorgeschlagene Version der Regeln zur Verhinderung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern in der EU.

Die unterzeichnenden Organisationen der Zivilgesellschaft und Unternehmen in aller Welt begrüssen Ihre Aufmerksamkeit für diese Empfehlungen und versprechen unsere Unterstützung bei Ihren Bemühungen, künftige Angriffe auf vertrauliche Kommunikation zu verhindern.

Die Unterzeichnenden

18 Million Rising
Advocacy for Principled Action in Government
Alliance for Encryption in Latin America and the Caribbean – AC-LAC
Betapersei SC
Big Brother Watch
Blacknight
Center for Democracy & Technology
Center for Human Rights and Privacy
comun.al, Digital Resilience Lab (Mexico)
Community And Family Aid Foundation-Ghana
Defending Rights & Dissent
E-Governance and Internet Governance Foundation for Africa (EGIGFA)EGIGFA
ESOP – Associação de Empresas de Software Open Source Portuguesas
Fight for the Future
Global Partners Digital
Guardian Project
Internet Society
Internet Society Catalan Chapter (ISOC-CAT)
Interpeer gUG
ISOC Brazil – Brazilian Chapter of the Internet Society
mailbox.org
mail.de GmbH
Media Alliance
Media Rights Agenda
Mozilla
Mullvad VPN AB
Myntex Inc
Mysterium Network
NetTek Ltd
Nextcloud GmbH
Oakland Privacy
OpenMedia
Organization for Identity & Cultural Development (OICD.net)
Oxen Privacy Tech Foundation (OPTF)
Proton AG
Privacy & Access Council of Canada
Restore The Fourth
Secure Justice
Standard Notes
S.T.O.P. – Surveillance Technology Oversight Project
Superbloom (previously Simply Secure)
The Document Foundation (TDF) / LibreOffice
The Tor Project
Threema
Tutanota
West Africa ICT Action Network
Youth Observatory